Wer einen Anspruch vollstrecken will, benötigt hierzu einen Vollstreckungstitel, d. h. also ein Dokument, das alle Voraussetzungen für die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfüllt.
Entscheidung OLG Brandenburg
Bei der Durchsicht der aktuellen Rechtsprechung der Familiengerichte ist uns die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Brandenburg vom 09.07.2024 (13 WF 112/24) aufgefallen.
Mit dieser Entscheidung musste das OLG darüber entscheiden, dass in einer Unterhaltssache eine Entscheidung nicht vollstreckt werden konnte, weil die richtige Vollstreckungsklausel fehlte.
Infos zur Vollstreckungsklausel:
Die Vollstreckungsklausel ist ein rechtlicher Vermerk, der an einem gerichtlichen oder notariellen Titel angebracht wird und bestätigt, dass dieser Titel vollstreckbar ist. Die Vollstreckungsklausel wird in unserem Fall voraussichtlich lauten: „Dieser Beschluss wird der Antragstellerin (Name und Anschrift der Kindesmutter) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.“ Ohne eine solche Klausel dürfen die meisten Titel nicht vollstreckt werden. Die Klausel zeigt an, dass der Titel alle formalen Voraussetzungen erfüllt.
Auskunftsverlangen der Kindesmutter
In dem Fall, über den als OLG zu entscheiden hatte, hat die Kindesmutter einen Antrag gestellt, den Kindesvater zur Auskunftserteilung zu verpflichten, damit anschließend der Kindesunterhalt beziffert werden kann. Parallel lief ein Scheidungsverfahren der Kindeseltern. Das Gericht erlässt eine Entscheidung, die den Kindesvater zur Auskunft verpflichtet und erteilt auch die Vollstreckungsklausel.
Info zur Vollstreckung aus Auskünften
Die Vollstreckung eines Auskunftsanspruchs erfolgt nicht wie die Vollstreckung einer Geldforderung. Um die Erfüllung einer Auskunftspflicht zu erzwingen, kann beim Gericht ein Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln (also Zwangsgeld oder Zwangshaft) gestellt werden. Und für diesen Antrag bedarf es Entscheidung mit Vollstreckungsklausel.
Kindesmutter beantragt Zwangsmittel
Auch die Kindesmutter in unserem Fall beantragt die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen den Kindesvater aus dem mit der Vollstreckungsklausel versehenen Beschluss. Doch in diesem Fall erklärt das Gericht den Vollstreckungsantrag für unzulässig.
Warum? Weil es nach Auffassung des Gerichts an einer allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung, nämlich der Erteilung der qualifizierten Vollstreckungsklausel, fehlt. Es bezieht sich dabei auf die Vorschriften des § 750 Abs. 1 ZPO und des § 727 ZPO und verlangt eine Klauselumschreibung.
Infos zur Klauselumschreibung
Eine Klauselumschreibung wird dann notwendig, wenn sich der Anspruchsberechtigte ändert, beispielsweise durch den Tod des Gläubigers, eine Abtretung der Forderung oder eine Firmenumwandlung. In solchen Fällen muss der Titel an den neuen Gläubiger angepasst werden, damit die Vollstreckung weiterhin möglich ist. Auch bei Namensänderungen oder Rechtsnachfolgen ist eine Klauselumschreibung erforderlich, um den Titel weiterhin nutzen zu können.
Klauselumschreibung ist erforderlich
Und genau so eine Klauselumschreibung war hier erforderlich. Der vollstreckbare Beschluss, mit der Kindesvater zur Auskunftserteilung verpflichtet wurde, hat nämlich die Kindesmutter im eigenen Namen erwirkt. Die Vollstreckungsklausel ist somit auch auf die Kindesmutter ausgestellt worden.
Zwischenzeitlich wurde aber die Scheidung ausgesprochen. Und genau in dem Moment, in dem die Ehescheidung rechtskräftig wird, fällt die sogenannte Prozessstandschaft (hier: Verfahrensbeistandschaft) der Kindesmutter weg.
Infos zur Prozessstandschaft
Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes steht grundsätzlich dem Kind zu. Es kann aber, da es nicht prozessfähig ist, diesen Anspruch nicht selbst geltend machen. In diesem Fall macht ein Elternteil (und zwar der Elternteil, an den der Unterhalt später zu zahlen ist) diesen Unterhalt im eigenen Namen geltend.
Der Elternteil tritt also im Gerichtsverfahren als Partei auf und erwirkt auch den Titel, der grundsätzlich für und gegen das Kind wirkt.
Mit einer Ehescheidung fällt diese Prozessstandschaft aber weg.
- 1629 Abs. 3 BGB sagt dazu: Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache (hier die Scheidung) anhängig ist.
Berechtigung der Kindesmutter fällt weg
Mit der rechtskräftigen Ehescheidung fällt die Berechtigung aus § 1629 Abs. 3 BGB also weg und die Kindesmutter kann ab diesem Moment den Auskunftsanspruch eben nicht mehr im eigenen Namen geltend machen. Jetzt sind die Kinder die Berechtigten und müssen daher auch den Auskunftsanspruch vollstrecken. Es muss bei Gericht die Rechtsnachfolgeklausel beantragt werden – also dass der Beschluss nunmehr den Kindern zur Zwangsvollstreckung erteilt wird. Da die Kinder in diesem Fall im Titel gar nicht benannt wurden, braucht es sogar eine qualifizierte Vollstreckungsklausel, d. h. die Kinder müssen in der Vollstreckungsklausel namentlich benannt werden.
Und erst mit der Vollstreckungsklausel, die aufzeigt, dass die Kinder das Recht haben, aus dem Beschluss die Vollstreckung zu betreiben, können diese, vertreten durch die Kindesmutter, beantragen, dass gegen den Kindesvater ein Zwangsmittel verhängt wird, wenn er seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt.
©Karola Rosenberg