Rauchverbot – gibt’s nicht!
Rauchen ist ungesund – und für Kinder ganz besonders! Das gilt auch für das Passiv-Rauchen. Und trotzdem bedeutet das Rauchen eines Elternteils in Gegenwart des Kindes und die damit einhergehende Gesundheitsgefährdung nicht, dass der Umgang deshalb ausgeschlossen wird. Genau das hat das OLG Bamberg mit Beschluss vom 07.08.2024, 7 UF 80/24e entschieden.
Der Fall
In diesem Fall geht es zunächst einmal grundsätzlich um die Regelung des Umgangs ds Vaters und seinen 8 und 10 Jahre alten Kindern. Dieser wurde von den Eltern zunächst gerichtlich vereinbart und später einvernehmlich geändert.
Doch dann gab es einen Streit zwischen dem Vater und seiner Tochter, in dem der Vater seine Tochter auch beschimpfte. Diese verweigerte daraufhin den Umgang. Während der Vater jetzt in einem neuen Verfahren eine Ausweitung möchte, beantragt die Mutter, den Umgang zu reduzieren. Das Amtsgericht regelt den Umgang neu, reduziert diesen und entscheidet gleichzeitig, dass der Umgang mit der Tochter für zwei Monate ausgesetzt wird und der Vater sich bei seiner Tochter für seine Beschimpfungen per Brief zu entschuldigen hat.
Schimpf- und Rauchverbot
Weiterhin wurde dem Vater durch das Amtsgericht aufgegeben, im Beisein der Kinder die Mutter nicht zu beschimpfen und auch die Kinder nicht zu beschimpfen. Außerdem soll er während der Umgangszeiten der Kinder nicht in den Wohnräumen rauchen und die Räume vor Umgangsbeginn ausreichend lüften.
Beschwerdeverfahren
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legt der Vater Beschwerde ein und wehrt sich insbesondere gegen die Reduzierung des Umgangs.
Im Beschwerdeverfahren erklärt das OLG, dass der reduzierte Umgang auch nach dem neuen Vortrag des Kindesvaters nicht zu beanstanden ist. Das OLG bestätigt die Einschätzung des Amtsgerichts, dass die Verlässlichkeit und Intensität des jeweiligen Kontakts wichtig ist als deren Häufigkeit.
OLG hebt Rauchverbot auf
Und auch, wenn der Kindesvater die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit gar nicht explizit angegriffen hat, sieht das OLG auch keine Grundlage für das Gebot, während der Umgangszeiten im Beisein der Kinder nicht in den Wohnräumen zu rauchen und die Wohnräume vor Umgangsbeginn ausreichend zu lüften.
Diese Anordnung mag zwar sinnvoll und dem Kindeswohl dienlich sein, greift nach Auffassung des OLG jedoch in die Rechte des Vaters ein. Das nicht nur das Rauchen, sondern auch das Passiv-Rauchen der Gesundheit schadet, ist längst anerkannt. Im Gesetz findet sich für das Gebot des Amtsgerichts jedoch keine Stütze.
Und das Rauchen in Gegenwart „erschwert die Erziehung nicht“. Dazu regelt § 1684 BGB in Absatz 2: „Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.“
Ob Kinder später selbst Raucher werden, mag zwar vom Verhalten der Eltern (mit-) bestimmt werden. Vorliegend ging die Initiative zur gerichtlichen Anordnung aber zum einen nicht von der Mutter aus, sondern vom Jugendamt. Und zum anderen hat die Mutter selbst zu diesem „Problem“ im gesamten Verfahren keine Stellungnahme abgegeben. Die Entscheidung, ob der Vater in geschlossenen Räumen in Gegenwart ihrer Kinder rauchen darf, dürfte darüber hinaus Teil der ihr allein zustehenden Gesundheitssorge sein.
Befugnisse des Gerichts
Die Befugnis des Familiengerichts umfasst, die Ausübung des Umgangsrechts näher zu regeln (§ 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB) – also wie, wann und wo dieser stattfindet. Damit ist zwar ein Eingriff in das sogenannte Umgangsbestimmungsrecht verbunden. Eine Befugnis, in sonstige Rechte der Eltern einzugreifen, ergibt sich aus der Vorschrift jedoch nicht.
Die Erteilung eines Gebots ist nach Auffassung des OLG Bamberg demnach nur möglich, wenn mit dem Verhalten des Vaters während des Umgangs eine konkrete Kindeswohlgefährdung verbunden wäre. § 1684 Abs. 4 BGB regelt dazu: „Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.“
Der Ansicht, dass das Rauchen in Gegenwart von Kindern stets zu einer konkreten und erheblichen Gefährdung für das körperliche Wohl der Kinder führt, will sich das OLG nicht anschließen. Und dass es bei den Kindern bereits gesundheitliche Beeinträchtigungen (z. B. Asthma) gibt, die durch das Rauchen des Vaters in ihrer Gegenwart verstärkt werden, wurde bislang von keinem Beteiligten behauptet.
Kein generelles Rauchverbot
Um also generell ein „Rauchverbot“ in Gegenwart von Kindern aussprechen zu können, müssen die Gerichte weiterhin auf die Anpassung des Nichtraucherschutzgesetzes warten.
Womit der Vater jedoch rechnen muss:
Dass die Kinder, die jetzt 8 und 10 Jahre alt sind, möglicherweise irgendwann von sich aus sagen, dass sie den Vater nicht mehr in seiner Wohnung besuchen möchten, wenn er dort in ihrem Beisein raucht. Oder dass sie dort nicht mehr schlafen möchten, weil es nach kaltem Rauch „stinkt“. Und dann geht das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit den Rechten des Vaters sicher vor – so sieht es auf jeden Fall das OLG
Der Leitsatz der Entscheidung des OLG Bamberg vom 07.08.2024, 7 UF 80/24 e:
1. Das Gebot, dass ein zum Umgang berechtigter Vater während des Umgangs in Gegenwart der Kinder nicht in seiner Wohnung rauchen darf, kann nicht auf § 1684 Abs. 2 oder 3 BGB gestützt werden.
2. Als milderes Mittel gegenüber der Einschränkung oder des Ausschlusses des Umgangs kann ein derartiges Gebot nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 erfolgen, wenn andernfalls das Wohl der Kinder konkret gefährdet wäre. Allein die Feststellung, dass das sog. Passiv-Rauchen grundsätzlich gesundheitsschädigend ist, reicht insoweit allerdings nicht aus.
3. Ob Kinder vor den Gefahren des Passiv-Rauchens auch dann geschützt werden sollen, wenn die Voraussetzungen der §§ 1666, 1684 Abs. 4 BGB nicht vorliegen, muss der Gesetzgeber entscheiden.
Das Gebot, den anderen Elternteil im Beisein der Kinder nicht zu beschimpfen und zu bedrohen sowie die Kinder nicht zu beschimpfen, folgt bereits aus allgemeinen (insbesondere strafrechtlichen) Vorschriften. Zudem haben die Eltern nach § 1684 Abs. 2 BGB alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. (redaktioneller Leitsatz)
Hier gibt es die Entscheidung im Volltext: OLG Bamberg, Beschluss v. 07.08.2024 – 7 UF 80/24 e – Bürgerservice
©Karola Rosenberg