Eine Trennung von Eheleuten erfolgt in der Regel, indem ein Ehepartner aus dem gemeinsamen Haus/der gemeinsamen Wohnung auszieht.
Aber es gibt grundsätzlich auch die Möglichkeit, eine Trennung zu vollziehen, obwohl man noch „unter einem Dach“ wohnt. Aber dafür müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Welche das sind, damit musste sich das Oberlandesgericht Frankfurt im März beschäftigen.
Der Fall:
In dem Verfahren geht es darum, dass sich die Eheleute um den Zeitpunkt der wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zum Trennungsvermögen im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung streiten.
Die Eheleute sind Eltern von drei minderjährigen Kindern und beziehen innerhalb des gemeinsamen Ehehauses unterschiedliche Schlafzimmer. Der Ehemann nutzt das Untergeschoss des Hauses und das dort befindliche Badezimmer. Die Ehefrau nutzt das Schlaf- und das Badezimmer im Obergeschoss.
Der Ehemann erklärt am 13.01.2021: „Ich bin ja praktisch schon ausgezogen im Keller“ und die Ehefrau schreibt ihm am 20.01.2021 eine E-Mail, in der sie zu dem Schluss kommt, „dass es für uns alle besser ist, wenn wir getrennt leben.“
Es finden aber noch gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern statt und ab und an kauft der eine Ehepartner auch für den anderen ein.
Beide Eheleute suchen sich eine Anwaltskanzlei und die von der Ehefrau beauftragte Kanzlei meldet sich am 01.02.2021 beim Ehemann wegen der Regelung der Trennungsfolgen. Im Februar 2021 wird ein Immobilienmakler mit dem Verkauf des Hauses beauftragt und die Ehefrau zieht am 09.03.2021 aus dem Haus aus.
Im Rahmen des Zugewinnausgleichs streiten die Eheleute jetzt um den Zeitpunkt der Trennung, der maßgeblich ist für die Ermittlung des Trennungsvermögens.
Die Ehefrau ist der Auffassung, dass die Trennung am 20.01.2021 (Ihre E-Mail) erfolgt ist. Der Ehemann meint, der richtige Zeitpunkt für die Ermittlung des Trennungsvermögens ist der 09.03.2021, der Tag, an dem die Ehefrau aus dem Haus ausgezogen ist.
Und was sagt das OLG Frankfurt?
Das OLG entscheidet mit Beschluss vom 28.03.2024, Az.: 1 UF 160/23 folgendes:
Leitsatz:
- Für ein Getrenntleben der Eheleute genügt im objektiven Sinne ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung, was zum einen danach verlangt, dass die Eheleute (innerhalb der Ehewohnung) getrennt wohnen und schlafen, mithin das Getrenntleben auch nach außen erkennbar wird. Zum anderen erfordert dies, dass die Eheleute keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen. Verbleibende Gemeinsamkeiten müssen sich in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen, so dass vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit ein Getrenntleben nicht hindern. Auch steht ein freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang der Ehegatten der Annahme eines Getrenntlebens im objektiven Sinn nicht entgegen.
- Dies gilt insbesondere dann, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben. Denn auch nach der Trennung bleiben die Ehegatten über die Elternschaft miteinander verbunden und sind zum Wohle ihrer Kinder zum Wohlverhalten. Ob und wie die gemeinsamen Kinder die Trennung der Eltern verarbeiten können, wird häufig maßgeblich davon geprägt sein, wie die Ehegatten sich zueinander verhalten. Vor diesem Hintergrund stehen insbesondere ein höfliches Miteinander und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern der Annahme eines Getrenntlebens nicht entgegen.
Fazit
Das OLG erklärt also, dass der von der Ehefrau angenommene Zeitpunkt der Trennung am 20.01.2021 für die Berechnung des Trennungsvermögens maßgeblich ist. Denn an diesem Tag hat die Ehefrau dem Ehemann offiziell per E-Mail deutlich ihren Willen mitgeteilt, dass sie die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen will, selbst wenn sie faktisch auch schon vorher getrennte Schlafzimmer hatten.
Ein tatsächlicher Auszug aus der Wohnung ist für eine offizielle Trennung jedoch nicht (immer) erforderlich.
©Karola Rosenberg