Anordnung des Wechselmodells = Entspannung der Elternebene?

Elternebene

Mit der Frage, ob die Anordnung eines Wechselmodells zu einer Entspannung der Elternebene führen kann, musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in seinem Beschluss vom 31.03.2023 zu Aktenzeichen 21 UF 776/20 beschäftigen.

In dem Verfahren vor dem OLG ging es zunächst einmal um eine Entscheidung des Amtsgerichts, mit der das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter auf den Kindesvater übertragen wird. Gleichzeitig hat das Amtsgericht die Anträge der Kindesmutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und zuletzt auf das gemeinsame Sorgerecht abgelehnt und den Umgang der Kindesmutter geregelt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Kindesmutter und beantragt die Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichtes, die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich und eine Umgangsregelung für den Kindesvater.

Es bleibt beim alleinigen Sorgerecht für den Vater

Das OLG entscheidet jedoch, dass es beim alleinigen Sorgerecht des Kindesvaters bleibt und ein gemeinsames Sorgerecht nicht in Betracht kommt.

Denn grundsätzliche Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist, dass zwischen den Eltern eine Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft besteht. Wenn aber die Eltern, wie in diesem Fall auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzung beizulegen, ist die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht gut für das Kindeswohl.

Gutachterin hält das Wechselmodell für eine gute Lösung

In ihrem Gutachten erklärt die Gutachterin allerdings, dass sie die Herstellung möglichst paritätischer Rahmenbedingungen zwischen den Eltern zur Herstellung einer „Augenhöhe“ als gute Voraussetzung für eine systemische Beratung unter Einbeziehung aller Beteiligten sieht. Sie ist der Auffassung, dass das mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Verbesserung des Elternverhältnisses und damit zum Abbau des Konfliktniveaus und so zu einer Entlastung des Kindes führen könne. Die Gutachterin hatte also die Idee, dass die Anordnung eines Wechselmodells die Eltern auf Augenhöhe bringen würde, weil es dadurch nicht einen betreuenden und einen umgangsberechtigten Elternteil gibt, sondern beide Eltern gleichberechtigt sind und sich deswegen aus psychologischer Sicht der Elternkonflikt entspannen würde.

Allerdings waren schon in der Vergangenheit Elternberatungen nicht erfolgreich. Daher sieht das OLG auch keine positive Prognose für eine erneute Beratung.

Das OLG Dresden entschied am Ende, dass die Gesichtspunkte eindeutig für die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater sprechen.

Paritätisches Wechselmodell kommt nicht in Betracht

Und auch die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Denn ähnlich wie bei dem gemeinsamen Sorgerecht setzt das paritätische Wechselmodell eine Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus.

Das paritätische Wechselmodell stellt dabei höhere Anforderungen an die Eltern und das Kind, das bei doppelter Residenz zwischen zwei Haushalten pendelt und sich auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen ein- bzw. umstellen muss. Auf Seiten des Kindes kommt ein Wechselmodell nur dann in Betracht, wenn eine auf einer sichereren Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Eltern besteht. Zwischen den Eltern gibt es ferner einen erhöhten Abstimmungs- und Kooperationsbedarf, so dass eine Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern vorausgesetzt werden muss.

Allerdings ist ein Wechselmodell eben nicht geeignet, die im Konflikt stehenden Eltern dadurch zu einem harmonischen Zusammenwirken in der Betreuung und Erziehung des Kindes zu veranlassen.

Gerade in diesem Fall kommt daher nach Ansicht des OLG ein Wechselmodell nicht in Betracht. Es fehlt bisher an fast jeglicher Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zwischen den Eltern und damit an der Voraussetzung, dass das paritätische Wechselmodell für das Kind positiv ausgestaltet werden kann.

©Karola Rosenberg