Belastete Kinder reichen nicht für Verhinderung der Scheidung

Härtefallklausel

Eine „normale“ Belastung der Kinder durch eine Trennung oder eine bevorstehende Scheidung reicht nicht,  um die Scheidung zu verhindern

Die Trennung und insbesondere auch die Scheidung sind für Kinder immer sehr belastende Situationen. Im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gibt es daher in § 1568 BGB eine sogenannte Härtefallklausel, die besagt, dass eine Ehe nicht geschieden werden soll, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist.

Doch wann liegt ein solches wichtiges Interesse der minderjährigen Kinder vor? 

Das Oberlandesgericht Stuttgart sagt hier, dass das Eingreifen des Härtegrundes in § 1568 BGB voraussetzt, „dass durch die Scheidung selbst solche atypischen, ungewöhnlichen Folgen verursacht werden, dass die Aufrechterhaltung der Elternehe im Kindesinteresse notwendig ist, und dass sich die Situation des Kindes durch das Absehen vom Scheidungsausspruch verbessert.“

In dem Fall vor dem OLG Stuttgart war es so, dass die bei der Trennung 13-jährige Tochter bei der Antragstellerin lebt und der Antragsgegner den Scheidungsantrag gestellt hat. Er erklärte dem Gericht, dass die Kinder den Scheidungswunsch respektieren und dieser auch zu keiner Belastung bei ihnen führt.

Das sah die Antragstellerin jedoch anders. Sie hielt die Ehe nicht für endgültig gescheitert und glaubte, dass der Antragsgegner zu ihr zurückkehren würde. Sie schilderte, dass die bei ihr lebende minderjährige Tochter seit der Trennung an depressiven Verstimmungen leide, immer wieder den Kontakt mit anderen Personen ablehne und sich in ihrem Zimmer einschließe. Die Antragstellerin ging davon aus, dass durch die Scheidung der Ehe eine Kindeswohlgefährdung erfolgt, weil das Kind keinen Umgang zum Vater hat, die schulischen Leistungen sich erheblich verschlechtert haben und das Kind unter der Trennung leidet und nicht akzeptieren kann, dass der Vater sich bereits einer anderen Frau zugewandt habe. Besonders belastend sei für sie ein Foto gewesen, auf dem der Vater von der neuen Lebensgefährtin geküsst wird. Die Antragstellerin beantragte daher, den Scheidungsantrag abzuweisen.

Das alles reicht aber nicht aus, um die Scheidung zu verhindern. Das Oberlandesgericht entschied nämlich, dass selbst dann, „wenn das Kind auch in dem Maß, wie die Antragsgegnerin es schildert und wie es vom Antragsteller aber bestritten wird, unter der Trennung ihrer Eltern leidet, dieses Leid nicht dadurch vermindert werden kann, dass vom Ausspruch der Ehescheidung abgesehen wird.“ Selbst wenn die Ehescheidung nicht erfolgen würde, hätte das letztlich nicht zur Folge, dass der Antragsteller zur Antragsgegnerin zurückkehren würde.

Die Härteklausel greift damit nicht ein, sodass die Ehe der Beteiligten zu scheiden ist. Weitere Ermittlungen in Richtung einer Kindeswohlgefährdung muss das Familiengericht daher nicht vornehmen.

Die gesamte Entscheidung findet ihr hier: Landesrecht BW – 18 UF 30/23 | OLG Stuttgart Senat für Familiensachen | Beschluss | Voraussetzungen eines kindbezogenen Härtegrundes bei der Ehescheidung; Aufhebung des … (landesrecht-bw.de)

©Karola Rosenberg